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© 1999, 2020 by Peter Hohl. Illustration: Joaquín Busch |
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http://www.wochensprueche.de/spruch3.htm
Letzte Änderung: 10.01.2019
© 2001, 2019 by Peter Hohl Email peter.hohl@t-online.de
ZU diesem Spruch
ergab sich 2010 der folgende bemerkenswerte Briefwechsel:
Feedback zu diesem Spruch:
D.B. schreibt:
Guten Tag
Herr
Hohl,
es tut mir sehr leid, Sie enttäuschen zu müssen. Es liegt mir
fern, Menschen aus ihren Illusionen zu reißen und sie in den
Regen
zu stellen, dessen ungeachtet möchte ich doch zu gern näher
auf
Ihren derzeitigen sog. "Spruch der Woche" antworten.
Sehen Sie, viele Menschen preferieren diese Ansicht. Aber sie tun es
nicht,
weil es die Wahrheit ist; Menschen denken so, weil sie nur so die
Ungerechtigkeit
(des Lebens Grundpfeiler) und die schlechte Beschaffenheit unserer Welt
und
unseres Lebens ertragen können.
Sie schreiben:
"Über unser Wohlbefinden entscheiden nicht die objektiven
Umstände, sondern was wir darüber denken. Wäre es
anders, müssten alle,
die nicht blind und nicht querschnittsgelähmt sind, den ganzen Tag
jubeln."
Lassen wir den fehlenden logischen Zusammenhang dieser
Äußerung
bei Seite. Mir ist sehr wohl bewusst, dass eine positive Einstellung in
schlechter
Situation mildernde Auswirkungen haben kann, aber eine Einstellung, so
positiv
sie sein mag, ändert nichts an einer Lebenssituation. Man
schließt
lediglich seine Augen vor dem Unangenehmen, verschwinden tut es
deswegen
noch lange nicht. Ein Mensch, der in irgendeiner Weise basal
benachteiligt
ist im Leben, nicht konkurrenzfähig ist, ohne dafür ein
angemessenes
Aquivalent zu besitzen, kann niemals - wenn er über seine Position
reflektiert
- glücklich sein. Wie sollte er auch? wenn er erfahren muss, dass
ihm
unverschuldet (!) sein Leben schwergemacht wird, ihm das Schicksal
übel
mitgespielt hat, nicht selten jeder rational erklärbaren Hoffnung
bar?
Mich erinnert dieses Leugnen der maßlosen Ungerechtigkeit, derer
das
Leben fähig sein kann, an Ebner-Eschenbachs Ausspruch: "Die
glücklichen
Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit." Die
glücklichen
Menschen (lies: unbenachteiligten) leben ihr Leben auf Kosten der
benachteiligten.
"Man ist immer auf Kosten eines anderen frei.", nicht wahr? Ein
gesunder
Mensch hat eine Anstellung, die ein behinderter nicht bekommen kann,
ein
schöner Mann eine Frau, die ein unattraktiver nicht hätte
bekommen
können. Der eine kann sich gute Zähne und eine Wohnung
leisten,
der andere nicht usw. usf.(an dieser Stelle möchte ich meine
Hochschätzung
für unser durchdachtes Gesundheitssystem zur Sprache bringen.
Wussten
Sie, dass es bereits im 12. Jhd. Staaten gab wie z.B. in
Ostpreußen,
in denen es kostenlose Gesundheitsunterstützung gab. Ein Hoch, auf
unser
modernes Systemm!)
Und Sie wollen mir ernsthaft erzählen, die Einstellung entscheide?
Bitte,
erzählen Sie das einem zwölfjährigen Mädchen,
welches
an Aids erkrankte, weil es von ihrem Vater vergewaltigt wurde! Dem
würde
ich nur zu gern beiwohnen!
Meine persönliche Erfahrung zeigt mir, dass Ihre Weisheit nur von
Menschen
ausgesprochen wird, und sein Sie bitte nicht beleidigt, die entweder
sehr
naiv oder sehr dumm sind.
Sie müssen doch eingestehen, dass durch eine
Einstellungsänderung
nicht das geringste bewirkt wird. Krebs ist Krebs, egal, mit welcher
Einstellung.
Auch die positivste Einstellung ändert nichts an dem Blutspucken
und
den konvulsivischen Zuckungen, denen der Körper bei
größtem
Schmerz unterliegt, während andere sich blühendster
Gesundheit erfreuen
(wie schön für sie!) Und so verhält es sich auch mit
bitterster Armut, Unattraktivität (die leider in unserer
pitoyablen Zeit eine zu große Benachteiligung zur Folge hat, Sie
können es in zahlreichen Studien nachlesen, dass Menschen mit
gutem Aussehen es sogar bei Einstellungsgesprächen
viel besser haben als häßliche oder entstellte Menschen.
Hier
wollen Sie mir immernoch glaubhaft machen, dass das mit der Einstellung
zusammen
hinge? Wohl kaum.) etc. pp.
Ich hoffe, Sie etwas klüger mit dem Ratschlag entlassen zu
dürfen,
dass Sie zukünftig mehr Zeit auf die von Ihnen publizierten
Weisheiten verwenden. Ich hoffe es für Ihre Leser...
MfG usw.
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Peter Hohls Antwort:
Hallo Herr B.,
vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Ich habe mich
darüber
sehr gefreut.
Warum gefreut, wo Sie mir doch gar keine Freundlichkeiten schreiben?
Meine Aussagen wollen kein geistiges Fastfood sein, das man sich
widerspruchslos
überstülpen lässt. Sie enden unsichtbar nicht mit einem
Punkt
oder einem Ausrufezeichen, sondern mit einem Komma oder Doppelpunkt.
Was
danach kommt, sind Ihre eigenen Gedanken - oder die ganz anderen
Gedanken
anderer Leser. Und die sind das eigentlich Wichtige.
Falls Ihre Gedanken destruktiv sind, lohnt es sich aber vielleicht,
daran
zu arbeiten.
Wenn Sie versuchen den Text genau zu lesen, werden Sie feststellen,
dass
es um Ihr Wohlbefinden geht und nicht um die Qualität der Welt.
Selbstverständlich
haben Sie das Recht, sich angesichts der vielen aufgezählten
Mängel
beschissen zu fühlen, falls SIe sich davon irgend etwas
versprechen.
Sie könnten aber stattdessen auch sortieren, was Sie hinnehmen
müssen
und was Sie ändern können, und Sie hätten den Mut, die
Ärmel
hochzukrempeln. Was haben Sie getan, um dem erwähnten
12jährigen
Mädchen ein wenig Lebensfreude zu schenken? Nichts, vermute ich,
weil
Sie völlig damit beschäftigt waren, die Ungerechtigkeit ihres
Schicksals
zu beklagen.
Meine Frau und meine Tochter haben Krebs. Unterstellen Sie also nicht,
dass
ich Angst und Schmerz nicht kenne. Aber es ist ein weitverbreitetes
Missverständnis,
positives Denken mit dem Leugnen von Negativem zu verwechseln. Wenn ich
krank
bin, dann heißt positives Denken nicht "ich bin gar nicht krank",
sondern
"was kann ich tun, um gesund zu werden" - oder, wenn die Krankheit
nicht
heilbar ist: "wie kann ich erreichen, dass ich mich trotz der Krankheit
so
gut fühle wie möglich". Wie nutzlos ist es, stattdessen die
Gedanken
um die Ungerechtigkeit der Welt kreisen zu lassen, die mich
gegenüber anderen benachteiligt.
Es ist normal und menschlich, zu lamentieren und zu hadern. Genau darum
ist
mein Spruch wichtig. Denn nur, wenn Sie sich selbst gut fühlen,
haben
Sie die Kraft, die Welt zu verbessern anstatt sie zu beklagen.
Hören Sie nicht auf, über den Spruch nachzudenken. Vielleicht
werden
Sie irgendwann feststellen, dass er das Wichtigste war, was Sie in
Ihrem
Leben gelesen haben.
Alles Gute!
Ihr
Peter Hohl